Immer Flussabwaerts bis nach Mazedonien
Von Sofia fuhren wir Richtung Sueden. Zunaechst mussten wir hierfuer einige Hoehenmeter aufsteigen, doch dann ging es flussabwaerts. In einem kleinen Dorf beendeten wir unseren Tag. Wieder einmal fragten wir um einen Schlafplatz auf einer Wiese. Nur diesmal wurden wir gleich in die warme Stube gesteckt um uns aufzuwaermen. Das tat sehr gut, denn wenn die Sonne verschwand, wurde es ziemlich kalt. Wir bekamen heisse, frische Milch und frisch gekochten Mais (quasi als Vorspeise). Eine Stunde spaeter sassen wir mit der Familie zusammen am Esstisch, tranken Rakija und assen bulgarischen Bauernsalat, gekochte Maiskolben und Krauteintopf. Leider vergassen wir, dass einem immer nachgereicht wird, sowie der Teller leer ist… Am naechsten morgen wurde uns noch ein Verpflegungspaket geschnuert, bestehend aus viel Kaese, Honig, Milch, Rakija, Tomaten, hausgemachtem Tomaten-Paprika-Aufstrich und fuer mich gabs noch selbstgestrickte Wollsocken. Anscheinend habe ich besonders mitleidserrengend auf die Leute gewirkt.
Bei Sonnenschein fuhren wir bis nach Rila. Dort hofften wir auf gute Informationen zum angrenzenden Nationalpark und dem UNESCO Bergkloster. Das Maedchen aus der Info war mit unseren relative simplen Fragen etwas ueberfordert und so beschlossen wir einfach nur mit dem Bus bis zum Kloster zu fahren und unsere geplante Wanderung auf einen spaeteren Zeitpunkt zu verschieben.
Das Kloster war fantastisch. In einer Beschreibung wird das Kloster als Mekka der bulgarischen orthodoxen Kirche bezeichnet. Wir koennen das nun absolut nachvollziehen, denn neben eine wunderschoenen Berglage besteht das Kloster aus sehr schoenen Gebaeuden und einer tollen Atmosphaere. Nach 2 Stunden ging es wieder mit dem Bus zurueck ins Tal und wir schwangen uns noch fuer ein paar Kilometer auf die Raeder. Wir fanden ein schoenes Plaetzchen zum Schlafen und wir befuerchteten schon am Abend, dass diese Nacht die kaelteste der bisherigen Reise sein wird. Trotzdem waren wir ueberrascht als wir am naechsten Morgen Schnee (durch kondensiertes Wasser) auf unserem Schlafsack entdeckten. Wir benoetigten etwas Zeit bis das gesamte Zelt enteist war doch dann ging es bei Sonnenschein und gefuehlten 20 Grad ueber Blagoevgrad bis kurz vor Petrich. Diese Strecke koennen wir jedem Radfahrer empfehlen, denn es geht immer Flussabwaerts durch die Berge des Balkan. Die Berge veraendern ihre Form mit nahe zu jeder Flussschleife bis die Natur der von griechischen Fotos gleicht. Hier im Sueden Bulgariens spuerten wir immer deutlicher die Naehe Griechenlands, z.B. vor jedem Geschaeft sahen wir Berge von 5 kg Olivendosen und Olivenoel. Doch unser Weg fuehrte uns nun Richtung Westen und nicht nach Griechenland. Nach einem unnoetigen Besuch von Samuels Festung (man sah lediglich ein ueberdachtes Loch in einem riesigen Park und dafuer mussten wir auch noch Eintritt zahlen - wir nennen es nun Samuels Scheisshaus) erreichten wir schliesslich die mazedonische Grenze.
Theresa
Wetterbericht - Sofia
Schneefall und Nieselregen bei ca. 4 Grad (gefuehlt noch viel kaelter)
Erholung in Sofia
Wegen der Kaelte und dem Regen der letzten Tage war die Freude auf Sofia noch viel Groesser. Zum ersten Mal auf unserer Reise kamen wir spaeter an einem Ziel an als geplant. Die letzten 40 km bis zur Stadt wurden uns mit Sonnenschein versuesst. Kurz vor dem Zentrum lernten wir einen Bulgaren kennen, der uns zu sich in die Wohnung einlud um Internet nutzen zu koennen (fuer Couchsurfing) und uns bei Tee und Kuchen aufzuwaermen. Der nette Mann hatte eine interessante Lebensgeschichte, das fand der bulgarische Geheimdienst auch... ueber 400 Seiten umfasste seine Akte, die er nach dem Zusammenbruch des Regimes einsehen durfte.
Zurueck auf der Strasse trafen wir wenig spaeter auf unseren Couchsurfing Gastgeber und er brachte uns zu unseren eingenen (!) Stadtwohnung. Dort genossen wir eine heisse Dusche und wurden langsam wieder zu Menschen.
Schliesslich war es Zeit die Stadt kennen zu lernen und wie es der Zufall will trafen wir auf eine kostenlose Stadtrundfuehrung (http://www.freesofiatour.com/). Wir erfuhren viel ueber die Geschichte von Sofia und Bulgarien und liessen gleichzeitig die schoenne Gebaeude auf uns wirken. Anschliessend wurden wir von unserem Gastgeber abgeholt und wir lernten seine Familie bei einem koestlichen bulgarischen Abendessen kennen. Nach einem kurzen Kneipenbesuch (unser erster seit Beginn der Reise) gings schliesslich wieder heim.
Am naechsten Morgen machten wir noch den ersten Teil der Stadtfuehrung mit und lernten dann auf zwei Basaren weitere kulinarische Koestlichkeiten von Bulgarien kennen. Den Abend liessen wir mit einem Gottesdienstbesuch in der Nevski Kathedrale ausklingen.
Theresa
Wintereinbruch in Bulgarien
Kaum in Bulgarien angekommen stellten wir fest, dass wir in einem neuen Land waren. Eigentlich nichts Aufregendes, doch es war Abend, wir hatten nicht eingekauft und hatten kein gewechseltes Geld. Gluecklicherweise haben wir immer genug Vorraete dabei und konnten das Essen gut improvisieren. Auf einer Wiese neben irgendwelchen Industriekomplexen machten wir es uns bequem und bekamen prompt Besuch von der einzigen Person weit und breit. Der nette Mann kam auch am naechsten Morgen vorbei und brachte uns hausgemachten Ziegenkaese sowie Obst und Gemuese aus dem Garten (langsam machen wir uns Gedanken ueber unser Erscheinungsbild).
Nach dieser angenehmen Ueberraschung konnten wir uns Ruse, das "Wien Bulgariens" anschauen. Es ist eine ganz nette Stadt, aber wir hatten ja erst vor kurzem genug Kultur. Also sind wir weiter nach Sueden. Unterwegs nach Veliko Tarnovo besuchten wir einige Felsenkloester und waren von der Leistung der Moenche begeistert, es ist unglaublich wie sie teils riesige Raeume in den Fels gehauen haben und teilweise sieht man noch genau wie die Raeumlichkeiten eingerichtet waren oder Reste von Fresken.
Das war am letzten von 50 Tagen Sonnenschein. Dann kam alles anders. Von einem Tag auf den anderen ist die Temperatur um 10 - 15 Grad gefallen und es hat angefangen zu regnen (sind das die Gruesse aus Deutschland?). Wir mussten fortan staendig die Regensachen griffbereit halten und uns warm anziehen. Die erste Nacht hatten wir Glueck. Wir sind zu einem herrlichen Kloster gefahren und hofften dort auf einen guten Platz zum Zelten. Stattdessen wurde uns ein trockenes Zimmer angeboten, das wir dankend annahmen.
Weiter ging es im Regen nach Veliko Tarnovo, einer schoenen Stadt mit Burgruinen und kleinen Gassen in einem engen Bergtal gelegen. Leider hat uns der Regen weiter getrieben und wir haben nur wenig davon gesehen. Aber was will man machen. Ab da (wir waren auf ca. 200m Hoehe) ging es konstant bergauf. Der staendige Regen machte es nicht einfacher vorwaerts zu kommen und wir fluchten nicht nur innerlich. Ein weiterer Versuch in einem Kloster unterzukommen schlug fehl und wir mussten im stroemenden Regen bei Dunkelheit unser Zelt davor aufschlagen. Irgendwann fragten wir uns, wie es eigentlich um Baeren stuende in einem fast menschenleeren Tal im Wald in den Bergen im Land mit der groessten Baerenpopulation. Kein guter Gedanke. Aber wir waren zu erschoepft und frierend um den Platz zu wechseln, also machten wir so gut es ging alles "baerenfest" und fluechteten ins Zeltinnere.
Am naechsten Morgen erwachten wir - erleichtert - mit allen Gliedmassen und konnten den Shipkapass ansteuern. Natuerlich regnete es meist froehlich weiter und je hoeher wir kamen, desto ungemuetlicher wurde es. Nach 15km bergauf erreichten wir klamm-kalt-durchgeschwitzt den Pass auf 1185m Hoehe. Mit fast letzter Kraft erreichten wir ein Restaurant mit Holzofen und konnten uns dort aufwaermen und umziehen. Beim Blick aus dem Fenster stellten wir fest, dass da wirklich 10cm Schnee lagen und wir es uns nicht nur eingebildet haben. Aber wir hatten just in dem Moment auch Glueck, den auf der anderen Bergseite klarte es auf und wir konnten im Sonnenschein hinunter fahren ins Tal der Rosen und der thrakischen Koenige (Kommentar Theresa: Ich hatte fuer die Abfahrt 6 Schichten an, inkl. einer Daunenweste und mir war immer noch nicht zu warm). Letztere haben eine Reihe von teils opulenten Hueglgraebern hinterlassen, von denen wir uns eines anschauen konnten.
Die weiteren Tage bis Sofia war das Wetter wechselhaft. Mal hatten wir Sonnenschein und kalten Gegenwind, mal regnete es wieder. Aber immer hatten wir eine herrliche Aussicht. Die herbstlich gefaerbten Berge des Zentralbalkan, die wir zuvor ueberquert hatten, begleiteten uns noch fast bis in die Stadt hinein und liessen uns so manche Steigung einfacher ueberwinden.
Peter