Wintereinbruch in Bulgarien

Kaum in Bulgarien angekommen stellten wir fest, dass wir in einem neuen Land waren. Eigentlich nichts Aufregendes, doch es war Abend, wir hatten nicht eingekauft und hatten kein gewechseltes Geld. Gluecklicherweise haben wir immer genug Vorraete dabei und konnten das Essen gut improvisieren. Auf einer Wiese neben irgendwelchen Industriekomplexen machten wir es uns bequem und bekamen prompt Besuch von der einzigen Person weit und breit. Der nette Mann kam auch am naechsten Morgen vorbei und brachte uns hausgemachten Ziegenkaese sowie Obst und Gemuese aus dem Garten (langsam machen wir uns Gedanken ueber unser Erscheinungsbild).
Nach dieser angenehmen Ueberraschung konnten wir uns Ruse, das "Wien Bulgariens" anschauen. Es ist eine ganz nette Stadt, aber wir hatten ja erst vor kurzem genug Kultur. Also sind wir weiter nach Sueden. Unterwegs nach Veliko Tarnovo besuchten wir einige Felsenkloester und waren von der Leistung der Moenche begeistert, es ist unglaublich wie sie teils riesige Raeume in den Fels gehauen haben und teilweise sieht man noch genau wie die Raeumlichkeiten eingerichtet waren oder Reste von Fresken.
Das war am letzten von 50 Tagen Sonnenschein. Dann kam alles anders. Von einem Tag auf den anderen ist die Temperatur um 10 - 15 Grad gefallen und es hat angefangen zu regnen (sind das die Gruesse aus Deutschland?). Wir mussten fortan staendig die Regensachen griffbereit halten und uns warm anziehen. Die erste Nacht hatten wir Glueck. Wir sind zu einem herrlichen Kloster gefahren und hofften dort auf einen guten Platz zum Zelten. Stattdessen wurde uns ein trockenes Zimmer angeboten, das wir dankend annahmen.
Weiter ging es im Regen nach Veliko Tarnovo, einer schoenen Stadt mit Burgruinen und kleinen Gassen in einem engen Bergtal gelegen. Leider hat uns der Regen weiter getrieben und wir haben nur wenig davon gesehen. Aber was will man machen. Ab da (wir waren auf ca. 200m Hoehe) ging es konstant bergauf. Der staendige Regen machte es nicht einfacher vorwaerts zu kommen und wir fluchten nicht nur innerlich. Ein weiterer Versuch in einem Kloster unterzukommen schlug fehl und wir mussten im stroemenden Regen bei Dunkelheit unser Zelt davor aufschlagen. Irgendwann fragten wir uns, wie es eigentlich um Baeren stuende in einem fast menschenleeren Tal im Wald in den Bergen im Land mit der groessten Baerenpopulation. Kein guter Gedanke. Aber wir waren zu erschoepft und frierend um den Platz zu wechseln, also machten wir so gut es ging alles "baerenfest" und fluechteten ins Zeltinnere.
Am naechsten Morgen erwachten wir - erleichtert - mit allen Gliedmassen und konnten den Shipkapass ansteuern. Natuerlich regnete es meist froehlich weiter und je hoeher wir kamen, desto ungemuetlicher wurde es. Nach 15km bergauf erreichten wir klamm-kalt-durchgeschwitzt den Pass auf 1185m Hoehe. Mit fast letzter Kraft erreichten wir ein Restaurant mit Holzofen und konnten uns dort aufwaermen und umziehen. Beim Blick aus dem Fenster stellten wir fest, dass da wirklich 10cm Schnee lagen und wir es uns nicht nur eingebildet haben. Aber wir hatten just in dem Moment auch Glueck, den auf der anderen Bergseite klarte es auf und wir konnten im Sonnenschein hinunter fahren ins Tal der Rosen und der thrakischen Koenige (Kommentar Theresa: Ich hatte fuer die Abfahrt 6 Schichten an, inkl. einer Daunenweste und mir war immer noch nicht zu warm). Letztere haben eine Reihe von teils opulenten Hueglgraebern hinterlassen, von denen wir uns eines anschauen konnten.
Die weiteren Tage bis Sofia war das Wetter wechselhaft. Mal hatten wir Sonnenschein und kalten Gegenwind, mal regnete es wieder. Aber immer hatten wir eine herrliche Aussicht. Die herbstlich gefaerbten Berge des Zentralbalkan, die wir zuvor ueberquert hatten, begleiteten uns noch fast bis in die Stadt hinein und liessen uns so manche Steigung einfacher ueberwinden.

Peter